TV „Jahn“ Köln-Wahn | Handball

Einen wahren Handball-Krimi erlebten die über 150 Zuschauer am Samstagabend im Schulzentrum Ostheim. Das Kölner Lokalderby der Landesliga Staffel B zwischen dem RSV Rath-Heumar und dem TV „Jahn” Köln-Wahn endete nach spannenden 60 Minuten mit einer gerechten Punkteteilung. 28:28 (15:17) lautete das Endergebnis, nachdem die Führung ständig gewechselt hatte und sich keine Mannschaft entscheidend absetzen konnte.

Nach der Schlusssirene wusste man im Wahner Lager nicht so richtig, ob man sich nun über einen gewonnen Punkt freuen oder über einen verlorenen Zähler ärgern sollte. Eigentlich hatte sich das Team von Trainer Torsten Tietgen vor der Partie einen Sieg zum Ziel gesetzt, wer sechs Sekunden vor dem Ende aber mit einem Tor im Rückstand liegt, muss wohl froh sein, wenn er nicht sogar als Verlierer das Spielfeld verlässt.

„Es war für meine Mannschaft sehr schwierig, über so lange Zeit in der Abwehr spielen zu müssen. Das kostet Kraft und geht an die Konzentration”, erklärte Torsten Tietgen nach dem Abpfiff und spielte damit auf die vor allem im zweiten Durchgang gefühlsmäßig nie endenden Rather Angriffe an, die in dieser Form aber auch von den beiden Unparteiischen Paufler/Yurtseven akzeptiert und nie unterbunden wurden. So kam es, dass das Flughafen-Team bis zum Schlusspfif gerade einmal 50 Angriffe spielen konnte – ein unterdurchschnittlicher Wert, der symbolisiert, dass in diesem insgesamt zerfahrenen Spiel der Kampf überwog und spielerische Elemente häufig auf der Strecke blieben.

Die Rather Zebras, die erwartungsgemäß bis in die Haarspitzen motiviert in die Partie gingen, erwischten den eindeutig besseren Start. Der Spielverlauf erinnerte ein wenig an eine typische Pokal-Schlacht, in der David und Goliath aufeinander treffen und der vermeintliche Underdog mit zunehmender Spieldauer spürt, dass an diesem Tag vielleicht doch eine Überraschung möglich ist. Wahn fand anfangs vor allem in der Defensive überhaupt gar keine Einstellung zum Spiel und lag nach zehn Minuten mit 3:7 im Hintertreffen.

Torsten Tietgen nahm eine Auszeit, stellte seine Mannschaft neu ein und brachte Mittelmann Tim Fuhrmann ins Spiel. Bis zum 10:9 (18.) konnte der RSV seine Führung behaupten, danach kam der Wahner Angriffsmotor endlich ins Rollen. Vor allem dem im ersten Durchgang überragend aufspielenden Rückraumschütze Dominik Heimes war es zu verdanken, dass die Porzer das Spiel drehen konnten und beim 10:11 (20.) erstmals in Front lagen. Als Michael Siebert Sekunden vor der Pause zur 17:15-Führung traf, schien Wahn auf dem richtigen Weg zu sein.

Bis zum 20:17 lag der Favorit in Führung, ohne sich aber entscheidend abzusetzen. Dies gelang auch nicht, als die Tietgen-Schützlinge zwei Spieler mehr auf dem Feld hatten. Dass Wahn Mitte der zweiten Halbzeit diesen Vorteil nicht für sich ausnutzen konnte, sollte sich rächen. Der nie aufgebende RSV witterte Morgenluft und lag beim 22:21 (45.) wieder in Front. Kritisch wurde es für Wahn, als im Zuge der übertriebenen (aber beide Seiten betreffenden) Zeitstrafenflut plötzlich nur noch drei Gästespieler auf dem Parkett standen. Rath konnte eine 6:3-Überzahl allerdings nicht wirklich zu seinen Gunsten ausnutzen, so dass die Partie bis zur letzten Sekunde spannend blieb. Der RSV legte stets vor, Wahn zog nach und wäre zwei Minuten vor dem Ende beinahe in Führung gegangen, doch Michael Siebert scheiterte freistehend, nach dem er sich mit einem Wackler toll durchgesetzt hatte. Auf der Gegenseite traf der starke und insgesamt sechs Mal erfolgreiche Rather Rechtsaußen Thilo Kühn zur 27:26-Führung, Tim Fuhrmann gelang postwendend der Ausgleich (59:10 Minuten).

Rath-Heumar bekam für seinen letzten Angriff von den beiden Unparteiischen etwa 45 Sekunden zur Verfügung gestellt, ohne dabei nur eine echte Aktion zum gegnerischen Tor zu bieten. Die Zebras nahmen dieses Geschenk dankend an, Simon Welter erzielte sechs Sekunden vor dem Ende das 28:27. Wahn schien geschlagen, doch der Eindruck täuschte. Torsten Tietgen reagierte blitzschnell mit einer Auszeit und sprach mit seinem Team den letzten Angriff ab – mit Erfolg. In allerletzter Sekunde erzielte der starke Michael Siebert von Linksaußen den Ausgleich zum 28:28, was grenzenlosen Jubel bei den rund 60 mitgereisten Anhängern und starke Rather Proteste nach sich zog.

Es war der Schlusspunkt unter einer jederzeit spannenden, umkämpften und packenden Partie, die die zahlreichen Zuschauer mit Applaus bedachten. „Für die Moral und Stimmung in der Mannschaft war es auch mit Blick auf die vierwöchige Pause unglaublich wichtig, doch noch den Ausgleich erzielt zu haben”, atmete Tietgen tief durch. Mit 5:3 Zählern rangieren die Porzer derzeit auf Rang sechs. Weiter geht es in der Liga erst am 30. Oktober mit einem Auswärtsspiel beim Longericher SC. Vorher (12.10., 20.15 Uhr, Halle Steinbreche) steht noch das Kreispokalspiel bei Ligakonkurrent HSG Refrath/Hand auf dem Programm.

Für den TV „Jahn” Köln-Wahn trafen: Dominik Heimes (9/2), Michael Siebert (6), Tim Fuhrmann (5/4), Christopher Busche (3), Simon Blendl (2), Benjamin Jäger (1), Tom Kulik (1) und Markus Filp (1).

Bilder zum Spiel auf FLICKR (wie immer mit bestem Dank an Thomas Schmidt)

Tobias Carspecken